Jedem, der auf die Zeitskala
der Popmusik schaut, offenbart sich das: Zeitgleich nebeneinander sind Disco und
Punk explodiert. Sie hatten aber überhaupt nichts miteinander gemeinsam und
haben sich zu Recht ignoriert: Die perfekte Seife und der perfekte Schmutz. Punk
und Disco waren ein zeitgleiches musikalisches Gegensatzpaar und sagten: Igitt,
weg mit dem andern. "Folter Für John Travolta" heißt ein Stück der frühen
Deutsch-Punk-Band "ZK" (kennt keiner mehr. Erschien auf einem
LP-Sampler. Nur die spätere Version von Checkpoint Charlie hat überlebt.)
Ich war da 16 und griff
beides auf meine Art auf, Punk und Disco. Ich hatte wenig Kohle und konnte im Plattenladen nicht
einfach zugreifen. Den Disco fischte ich mir aus den Rauswurfecken von ein, zwei
Plattenläden in der Stadt, mit einer persönlichen Spielregel: Gesucht sind lange
Titel dieser genialen Bumsstampf-Musik, nicht unter 7 Minuten, am liebsten eine ganze Plattenseite
lang, 12, 15, 18 Minuten, jaaaa, weiter so. Das lange, monotone, meinetwegen
Billige war mein Faible.
Möglicherweise habe ich da
nun mehr "First Generation Disco on Vinyl" als irgendwer. Diese Musik ist nun schon unendlich lang her. Sie
braucht Humor beim Zuhörer. Ich biete das hier schlicht mal an und bastele dran:
Greift diese Kleidung auf. Spürt, wie damals der Dancefloor seine
Pionierschritte wagte. Hört weg, wenn sofort die Kommerzgeier kreisen: "Saturday
night fever" ist ein Krampf in meinen Ohren und hat bei meiner Version von
Oldie-Disco nichts verloren. Hört hin, oder besser, verfallt in belustigte
Langzeit-Trance beim Dance, wenn die Geigen zappeln und die Meister der
Dumpfheit, die Echt-Schlagzeuger in den damaligen Studios, den Roboter machen.
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