Die Musik ist im 20sten Jahrhundert mindestens
dreimal explodiert: - In Deutschland bei Dichtung und Musik von 1910
bis 1933, also Deutsch-Sprachiges rings um die Zwanziger Jahre, einschließlich Cabaret
- Im Jazz
- Und in der "Jugendmusik"
Als ich zur Welt kam, waren Jazz, Blues und
Country schon wie Granit - alles war ausgedrückt, und wer weiter drückte,
bleib im Kreis des Vorhandenen.
An die Schlager der zwanziger Jahre habe ich
Kindheitserinnerungen, denn meine Großmutter summte sie: "Püppchen, du
bist mein Augenstern" und "Ach ich hab sie ja nur auf die Schulter
geküsst". Diese Zeit hat in ihren Liedern bei mir eine Insel, aus der
heraus ich dem deutschen Schlager ab etwa 1975 zurufe: Du bestehst textlich und
musikalisch zu achtzig Prozent aus Leerformeln. Du bist dermaßen zugemüllt,
dass ich dich nicht beachte.
Mit Rückrecherche (Wann explodierte der
Rock´n´Roll?) und dann bald Selbstbeteiligung berichten kann ich von der
"Jugendmusik". Die möchte ich abgrenzen von "Auftragsmusik". Da kann ein
Priester den Auftrag gegeben haben - bei Gregorianik - oder der Fürst - bei
Klassik - oder das Bürgertum - bei Operette: Man bleibt auf dem Stuhl sitzen
beim Hören. Das ist "erwachsen" im nicht durchgehend positiven Sinne, eine
mit Leistungsdenken und Integration verknüpfte Musik. |
Mir ist bewusst, dass
Volksmusik "unterhalb" der Klassik und solange sie nicht verwurstet wird, seit
Jahrtausenden "Jugendmusik" anbietet.
Die Jugendmusik, von der ich rede, basiert nun
aber auf der technischen Neuerung der Elektrogitarre und einem ungedämpften
Einsatz des Schlagzeugs. In Einklang mit Musikhistorikern darf ich das Jahr 1958
mit "Johnny B. Goode" von Chuck Berry als das Jahr nehmen, an dem sich
diese Musik bemerkbar machte.
Nun trage ich Überlegungen in mir, dass die
elektrische Jugendmusik ihr Granitzeitalter erreicht. Als letzte musikalische
Sensation, die den Overground streift, empfinde ich derzeit die Musik von "Gossip".
Im Underground traf ich auf irrwitzige Kreuzungen von Techno mit Beat, die wohl
im Jahr 2010 produziert waren. Diese Musik werde ich fördern, wo es mir
möglich ist.
Weiteres erwarte ich nicht mehr. Der Kreis der
machbaren Jugendmusik wurde irgendwie ausgeschöpft. Spöttisch ignoriere ich
dabei die "ernste Avantagardemusik": Sie erschöpft ab Anfang.
Klassik
- um das mal auch zu datieren - hatte einen Überraschungscoup nochmal mit der
Minimalmusik von Philip Glass. Mit "Akhnaten" und "Koyaanisqatsi",
beide 1983, ist die Klassik dann nach meinem Gefühl ihren Kreis gelaufen.
Überraschungscoups wie die Minimalmusik im
Rahmen der Klassik sind natürlich auch bei der elektrischen Jugendmusik noch
denkbar, irgendwo Jahrzehnte später. Im Prinzip aber erlaube ich mir jetzt, als
DJ auf dem Stuhl sitzen zu bleiben. |